Utopiales: Funde im Netz

Ein Link, den mir jemand geschickt hat, brachte mich auf die Idee, mal nachzuschauen, was ansonsten schon so im Internet darüber zu sehen ist. Wie sich herausstellte: Erstaunlich viel.

Hier ein Blogbeitrag mit ein paar schönen Fotos vom Festival (besser als die, die mir geglückt sind),
hier ein Forum mit ganz, ganz vielen tollen Fotos (mit 4 weiteren Seiten, durch die man sich klicken kann),
alles auf Französisch, was aber kein Hinderungsgrund sein sollte, sich die Fotos anzuschauen, die einen guten Eindruck vermitteln, wie es war.

Hier gibt es einen Bericht auf Englisch über die diesjährigen Utopiales; lesenswert ist übrigens auch dieser Artikel über die des Vorjahres, in dem man auch ein bisschen über die Geschichte des Festivals und über seine Dimensionen erfährt: Die Utopiales sind das wohl größte SF-Event der Welt.

Ein paar Berichte (nun wieder auf Französisch) über Podiumsdiskussionen, an denen ich beteiligt war:
"Brauchen wir Roboterrechte?" (Mein Standpunkt: Völliger Quatsch.)
"Weltraumkolonien: Traum oder Wirklichkeit?" (Erst mal: Traum.) Noch eine Zusammenfassung der Beiträge (auf Französisch).
"Begrenzte Ressourcen und Demokratie" (In dem Video komme ich, glaube ich, gar nicht zu Wort. Das Thema ist meines Erachtens auch viel zu groß; mit meinem bescheidenen Französisch bin ich dem ohnehin nicht gewachsen)
"La Vision du Future" – über augmented reality. (Da der kanadische Kollege Peter Watts mit in der Runde saß, hatte ich Lust, zur Abwechslung mal auf Englisch radezubrechen.)
"Brauchen wir einen neuen sozialen Kontrakt: Zwischen dem Planeten und der Menschheit?" (Hier waren wir uns alle einig: Ganz falscher Denkansatz.)

Und schließlich noch ein Bericht über die Preisverleihungen am Samstagabend (auf Englisch).

Utopiales: Preisverleihungen

Es ist wieder nichts geworden mit dem Kino. Diesmal, weil ein französischer Kollege, der beim gleichen Verlag veröffentlicht wie ich, für seinen letzten Roman den Prix Utopiales Européen gewonnen hat: Da hieß es natürlich stattdessen feiern!
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Die Rede ist übrigens von Jean-Marc Ligny und seinem Roman »Exodes«, dem Nachfolger des auch auf Deutsch erschienenen Romans »Aqua«. (Ich hoffe sehr, dass auch "Exodes" übersetzt wird, denn 800 Seiten auf Französisch, das würde mich überfordern. Mir hat schon "Aqua" gut gefallen; "Exodes" ist der zweite Band einer Trilogie, die schlicht und ergreifend das Aussterben der Menschheit aufgrund des Klimawandels erzählt – und am Ende des zweiten Bands sind schon alle tot! Das macht neugierig, wie es weitergeht; die Verlegerin verrät nur, dass das Exposé für den dritten Band dreimal so umfangreich ist wie die Exposés für die beiden vorherigen Bände zusammen, also wird darin schon mehr passieren als "und wieder wehte den ganzen Tag lang glühend heißer Wind über die verbrannte Erde" …)

Auch bei der Preisverleihung haben sich die Dinge geändert: Früher wusste man schon vorher, wer gewonnen hat – heute weiß man nur, wer nominiert worden ist; wer gewonnen hat, erfährt man ganz Oscar-like erst, wenn der Redner den Umschlag öffnet.

Wie wir da so stehen, Wein- bzw. Sektgläser in Händen, berichten die anwesenden Buchhändler, dass »Maître de la matière« (die französische Ausgabe von »Herr aller Dinge«) einer der bestverkauften Titel des Festivals ist. Das hört man auch gern. Der Geldbeutel-Preis, sozusagen.
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So, und jetzt ist es Zeit für den Matratzenhorchdienst. Morgen ist noch einmal ein anstrengender Tag.

Ich habe keine Ahnung, was in der Welt draußen passiert ist. Ich habe einen Fernseher im Hotelzimmer, aber ich bin nicht ein einziges Mal dazu gekommen, ihn einzuschalten.

Utopiales: Erschöpfungstendenzen

Das Novotel Nantes rangiert bei mir in der Rubrik »nahezu perfekte Hotels«. Nicht, dass es irgendwie versucht, mehr zu scheinen als es ist, aber es ist alles da, was man braucht, alles funktioniert, und man fühlt sich wohl. Und das Genialste ist, dass es unmittelbar in den Komplex der Cité des Congrès eingebaut ist, d.h. wenn einem der Trubel zu viel wird, kann man mal eben für ein paar Minuten den Rückzug ins stille Hotelzimmer antreten. Heute ist nicht ganz so viel los wie gestern, aber das will nichts heißen; freie Sitzplätze sind trotzdem Mangelware.

Irgendwie ist alles vertreten, was irgendwie mit SF zu tun hat. So natürlich auch der Steampunk:
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Natürlich stößt man in der Geburtsstadt von Jules Verne überall auf Spuren dieses Urgroßvaters des Steampunk. Hier das Reisenecessaire von Kapitän Nemo, liebevoll nach den Beschreibungen des Romans nachgebaut in Holz und Messing usw.:
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Interessant ist, dass die Podiumsdiskussionen wesentlich besser sind als früher. Man ist endlich von der unsäglichen Praxis abgerückt, zehn bis zwölf Leute auf die Bühne zu setzen, von denen jeder im Verlauf der Stunde nur ein, zwei Sätze zum Thema loswerden konnte: Heute sind es meist nur zwei bis drei Diskutanten, und die werden (wie ich selber in der Vorbereitung auf das Festival festgestellt habe) nicht mit einem Thema überfallen, sondern kennen die Fragestellung schon Wochen vorher und haben Zeit, sich ein paar Gedanken dazu zu machen: Das merkt man, und es tut den Gesprächen gut!
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Ich habe heute noch zwei Diskussionen auf zwei verschiedenen Podien, dazwischen eine Signierstunde, außerdem noch drei Interviews: Ich hoffe sehr, dass es trotzdem noch zu einem Abendessen reicht, ehe die Preisverleihungen stattfinden, die immer so etwas wie der Höhepunkt des Festivals sind, der Moment, in dem sich die ganze »Gemeinde« versammelt, um ihre Helden zu feiern.

Spät am Abend läuft dann noch der Film »Koyaanisqatsi«, den ich schon immer mal sehen wollte: Vielleicht habe ich diesmal Glück und kriege einen Platz im Kinosaal!

Utopiales: Überfüllungstendenzen!

Allerheiligen, Feiertag, und man merkt es: Ich hatte mir für den Vormittag zwei Filme ausgeguckt, zwischen denen ich glaubte mich entscheiden zu müssen – doch tatsächlich bin ich in beide Säle nicht mehr hineingekommen, weil sie schon voll waren. Eine Diskussion in einem Nebensaal (über Mensch-Computer-Schnittstellen) war so überfüllt, dass die Hälfte der Zuhörer auf dem Boden sitzen mussten:
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Aber der Nachmittag ist mit Terminen angefüllt, und bei Diskussionsrunden und Signierstunden werde ich einen reservierten Sitz haben!
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In einer Gasse werden allerhand technische Neuerungen präsentiert: Virtual Reality, Biofeedback am PC, Malen in Öl auf Leinwand mit gleichzeitiger digitaler Aufzeichnung jedes Pinselstrichs und vieles mehr. Alles ständig umlagert; ein gutes Foto ist mir nur von der Demonstration eines Exoskeletts geglückt:
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Utopiales: Auftaktabend

Abendessen mit Norman Spinrad und Orson Scott Card. Letzterer erzählt, er habe die aktuelle Verfilmung seines Romans »Ender’s Game« selber noch nicht gesehen, wolle ihn sich auch nicht im Kino ansehen, sondern erst, wenn er ihn auf DVD bekommt. Kommt mir alles sehr bekannt vor. Autoren und Film, das scheint überall das gleiche Problem zu sein.

Ab da entpuppen sich Spinrad und Card als Theaterfans und Shakespeare-Kenner; da kann ich dann nicht mehr mitreden.

Wie immer stößt man hier an jeder Ecke auf kühne Zukunftsvisionen:
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Aber ist es meine Schuld, dass mir Theaterstücke so selten gefallen haben im Leben? Nach den Eröffnungsansprachen wird im großen Saal »Die Zeitmaschine« als Theaterstück aufgeführt, von nur zwei Personen und sehr frei nach H.G.Wells – und das war großartig!

(Nachtrag am 1.11.: Gut möglich, dass dieses Stück das eindrücklichste mediale Erlebnis dieser Utopiales bleiben wird. Die Filme jedenfalls, die ich bisher gesehen habe (»Europa Report« von Sebatián Cordero und »Real« von Kiyoshi Kurosawa), sind eher von der Sorte »geht so«.)

Von meinem Hotelzimmer aus habe ich übrigens direkten Blick ins "Raumschiff Utopiales":
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Utopiales: Das Festival beginnt!

Seit ich in Frankreich lebe und es statt einer Tagesreise per TGV nur noch gemütliche vier Autostunden sind, war ich seltener auf den Utopiales als davor: In den letzten fünf Jahren oder so ist immer irgendetwas dazwischen gekommen, bissen sich die Utopiales mit Lese- oder anderen Reisen, einmal wurde ich schlicht und einfach über Nacht krank, und so weiter. Doch dieses Jahr hat es endlich wieder einmal geklappt, und nun bin ich hier, im Novotel in Nantes, dem direkt an die Cité des Congrès angebauten Hotel, und genieße die letzten ruhigen Momente, ehe es losgeht. Nach dem, was ich bisher gesehen habe, ist alles mehr oder weniger noch so, wie ich es kenne, nur besser organisiert. Bin gespannt, wem ich heute alles begegnen werde. Norman Spinrad habe ich schon in der Lobby des Hotels getroffen; er kommt gerade von einem anderen Festival in Lyon und wirkte etwas erschöpft.
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